Eiszeit läßt das Herz schmelzen
Eines gleich vorweg: Der Schreiber dieser Zeilen würde sich keinesfalls als
Maffay-Fan bezeichnen, aber was die lebende Deutschrock-Legende gerade in
der Ostseehalle ablieferte, nötigt eines unbedingt ab: Respekt. Der Mann
ist Profi, seit Jahrzehnten im Geschäft, von Hunderttausenden Fans geliebt,
von Spöttern immer wieder als Schlagerfuzzi und Möchtegern-Rocker verlacht
und außerdem mal wieder in Kiel. Grund genug, der Sache mal auf den Grund
zu gehen. Ort: Ostseehalle, Zeit: 20.30 Uhr, Fragestellung: Was geht bei
Maffay? Und siehe da, es geht einiges.
Die erste Hälfte des Konzerts wird vornehmlich mit Material neueren Datums
bestritten. Hier schon zeigt sich, dass die vielköpfige Begleitband Bock
auf Rock hat und modernen Hard Rock anzubieten hat. Zusammen mit Maffays
einmaliger, mal harter, mal zarter Banat-Stimme geht das schon mal in
Ordnung. In der zweiten Konzerthälfte nimmt sich Peter, der kleine Große,
dann verstärkt die eigenen Klassiker vor und treibt die ausverkaufte
Ostseehalle zu immer neuen Begeisterungsstürmen. Bei der zwanzigminütigen
Version der Friedensbewegungshymne "Eiszeit" ist es dann
passiert: Der Rezensent verliert seine Objektivität, sieht sich wieder als
Sechsjährigen vor dem NDW-Radio sitzen und dieses Lied hören, Maffay zieht
mich in seinen Bann, weckt Emotionen ... und dann kommen noch "Über
Sieben Brücken" und sogar ein angerupptes "Es war Sommer".
O.K., alles klar, Peter hat gewonnen. Natürlich schnackt der Mann ein
bisschen viel zwischen den Songs, erzählt über Krieg und andere Scheiße in
der Welt, aber er bleibt dabei immer glaubwürdig und gibt ganz nebenbei
seinen Fans Rückendeckung beim Anständigbleiben. Man muss Maffay nicht
unbedingt lieben, aber dass er meilenweit über seine Kritiker und Nörgler
erhaben sein kann, hat er hier und heute eindrucksvoll unter Beweis
gestellt.
|
Aus der Amazon.de-Redaktion
Am 4.
März 1970 kam ein Lied in die deutsche Hitparade, das bis auf Platz 1 empor
schnellen und zum Bestseller des Jahres werden sollte: "Du" von
Peter Maffay. Damit begann die steile Karriere des kleinen Sängers und
Gitarristen aus dem rumänischen Kronstadt. Eine Karriere, die bis heute
weitergeht. Früher war Peter Maffay als Schnulzensänger abgestempelt, bis
er 1979 mit dem Album Steppenwolf zeigte, wo künftig sein Rock-Weg
hinführen würde. Dass er inzwischen mit Kindermusicals wie Tabaluga
Edelmetallauszeichnungen einheimst, dass er mit Musikern aus aller Welt
Ethnopop und Multikulti-Rock einspielt, tut seinem inzwischen gefestigten
Image als deutscher Super-Rockstar keinen Abbruch, im Gegenteil.
Für seine Fans und wohl
auch für sich selbst hat Peter Maffay nun einen Rückblick auf seine
vergangenen 30 Musikjahre gewagt. Was bei Peter heißt, dass er sich die
alten Hits vorgenommen und neu aufpoliert hat. Aus dem sanften Edelschleicher
"Du" wurde eine echte Rocknummer; "Josie" ist mit dem
verfremdeten Rhythmus und Chorgesang kaum zu erkennen; auch "So bist
du" hat nichts Schnulziges mehr, da leuchten nicht die Feuerzeuge, da
kracht das Schlagzeug und treibt den Rhythmus gnadenlos voran; auch aus dem
sanft-rockigen "Sonne in der Nacht" ist ein kompromisslos harter
Rocker geworden. Dem Original noch am ähnlichsten geblieben sind Songs wie
"Tiefer" und "Über sieben Brücken musst du geh'n". Für
echte Maffay-Fans ist diese CD sicherlich eine interessante Bereicherung
der Sammlung. Fans der alten Songs allerdings werden sich an den neuen
Sound erst gewöhnen müssen. --Julia Edenhofer
|